im Februar 2024

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist das Jahr 1933, die Nazis sind an die Macht gekommen. Schnell und tiefgreifend ändern sich nicht nur die städtischen Verwaltungsstrukturen, sondern auch immer mehr das Lebensumfeld der Bürgerschaft.

 

Wie sich unsere Stadt in jener Zeit darstellt, zeigt ein Stadtplan, der kurz nach der Machtübernahme der Nazis aufgelegt worden war.

 

Ich danke Günther Blanke für die Bereitstellung des Stadtplanes. Das Dokument ist inzwischen dem Stadtarchiv übergeben worden.

 

PS

Alle Abbildungen des Plan unterliegen dem Urheberrecht der Pharus-Plan GmbH.


Was der Stadtplan von 1933 verrät

Der Plan in voller Größe

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Straßenumbennungen

Der Stadtplan 1933 dokumentiert den Beginn der großen Umwälzungen. Die neuen Straßennamen nach NS-Größen und frühen Anhängern der NS-Bewegung sind vergeben, aber noch nicht im Stadtplan verzeichnet. So behilft man sich mit einer entsprechenden Information auf der Rückseite des Deckblatts des Stadtplans.

Aus der Bahnhofstraße wird die Adolf-Hitler-Straße*, aus der Südstraße die Albert-Leo-Schlageter-Straße*, aus dem Friederich-Ebert-Platz der Hansaplatz, aus der Nordstraße die Hermann-Göring-Straße* und aus der Hafenstraße wird die Horst-Wessel-Straße*.

Die mit * gekennezichneten Straßen erhalten 1945 ihre ursprüngliche Bezeichnung zurück.

 

Weitere Straßen werden während der NS-Zeit aus verschiedenen Anlässen (zum Beispiel ,Anschluss Österreichs') umbenannt.

Noch sind die Kasernen eingezeichnet

Der obige Kartenausschnitt zeigt detailliert die Kasernen an der Steinfurter Straße und an der Grevener Straße. - Zwei Jahre später - 1935 - und Jahre danach sind die militärischen Einrichtungen nicht mehr eingezeichnet (siehe rechter Kartenausschnitt). Dies gilt allerdings auch für die Germania-Brauerei, das Landeskrankenhaus und für andere Gebäude und Einrichtungen.

 

Der geplante Friesenring ist inzwischen bis zur Gasselstiege fertiggestellt worden.

Der neue Aasee

Der Bauabschnitt des Aasees bis zur Torminbrücke wird erst 1934 fertiggestellt. 1932 ist auf der Karte erst die nördliche Hälfte des Sees abgebildet. Die Torminbrücke und die neue Straßenführung von der Hammer Straße über den Donders- und Kolde-Ring sind projektiert.

 

Die geplante Ringstraße von der Hammer Straße über den Donders-Ring  zur Weseler Straße wird nie realisiert. Eine Bürgerinitiative hatte sich in den 1970er Jahren gegründet und mit Erfolg gegen den Ausbau gekämpft.

Bahnhöfe, Hafen und Kanal

Der Hauptbahnhof mit seinem großen Güterbahnhof beherrscht den Osten der Stadt. Der kleine Landesbahnhof in Höhe des Albersloher Weges schmiegt sich an die Gleise des Güterbahnhofes.

 

Weiter südlich befinden sich rechts und links des Albersloher Weges die Elektrizitätswerke, die Städtische Gasanstalt und die Halle Münsterland. In Bögen verlaufen Eisenbahnschienen zu den Stadthäfen I und II sowie direkt zum Dortmund- Ems-Kanal. Der Stadthafen I hat sogar auf jeder Seite ein Schienenpaar.

 

Größere Unternehmen haben sich im Hafengebiet niedergelassen, wie zum Beispiel der Flechtheim-Speicher, die Spedition Peters oder die Kiesekamp Mühle. Jenseits des Kanals und des Hohenzollern Rings zeigen sich noch größere freie Flächen, die in späteren Jahren bebaut werden.

 

Die roten Linien weisen auf die Schienen der Straßenbahn hin. Dort, wo sie im Hafengebiet enden, befindet sich das Straßenbahndepot.

Zu guter Letzt

Auf viele weitere interessante Details des Planes bin ich nicht eingegangen. Es würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.

Aber schauen Sie doch selbst, wo vielleicht Ihr Elternhaus stand, wo Ihre Schule oder Ihr Stadtvertel war. Wenn Sie zum Beispiel vergeblich nach der Wiener Straße suchen, ist an der betreffenden Stelle die Gelmer Straße verzeichnet Und wenn Sie weiter forschen, finden Sie heraus, dass im Zuge des Anschlusses Österreichs die Straße in Wiener Straße umbenannt wurde.


Quelle

Text: Henning Stoffers

Bildmaterial: Stadtplan von 1933 mit freundlicher Genehmigung der Pharus-Plan GmbH